2024.05.16_Rootstock Experiment_©Luisa_H (93)

Praxisnahe Forschung: Auf der Suche nach dürreresistenteren Apfelunterlagen

Im Februar begannen Anna-Lea Ortmann, Doktorandin, und Daiana Jambul, Masterstudentin, ihr gemeinsames Forschungsprojekt im Rahmen des Transformationsprojekts Agroforst Reallabor. Sie wollen untersuchen, wie gut sechs verschiedene Apfelunterlagen, das Wurzelwerk von Apfelbäumen, Trockenheit vertragen. Prof. Dr. Florian Wichern und Prof. Dr. Jens Gebauer betreuen das Projekt.

 

Vorstellung des Projekts

Um den aktuellen Stand des Versuchs zu teilen, führte Anna-Lea Ortmann eine kleine Runde aus Vertreter*innen des LiKK e.V., Studierenden und Interessierten durch den Versuchsaufbau im Tropischen Gewächshaus mit Lehr- und Schaugärten. Anna-Lea Ortmann betont: “Das ist ja der Ansatz unseres Reallabors. Wir bearbeiten Forschungsfragen, die möglichst praxisrelevant sind. Hierfür muss der Austausch mit der Praxis stattfinden, und zwar nicht nur einmal am Anfang und einmal am Ende eines Versuchs. Auf dem Weg dazwischen tauchen viele Fragen auf, anhand derer man das Experiment ausrichtet. Auch der Austausch mit anderen Forschenden oder Menschen, die sonst an komplett anderen Themen arbeiten, bringt oft den notwendigen Perspektivwechsel und ist sehr wertvoll.”

 

Ziel der Forschung

Durch die Erhebung verschiedener Trockenstress-Indikatoren werden die Apfelunterlagen auf ihre Trockentoleranz verglichen – in Zeiten des Klimawandels und einhergehender Dürreperioden eine wichtige Eigenschaft. Ziel der Forschung ist es, relevante Erkenntnisse zu generieren, die direkt von Praktiker*innen genutzt werden können. Die im Versuch untersuchte Unterlagenanzahl ist auf sechs verschiedene Varianten limitiert.  Grundsätzlich gilt, dass eine größere Vielfalt an Unterlagen dazu beitragen kann, den Obstbau langfristig widerstandsfähiger zu gestalten. Eine größere Vielfalt ermöglicht eine standort- und systemspezifischere Auswahl des Pflanzguts und trägt zur Risikostreuung bei. Gleichzeitig bedeutet mehr Vielfalt auch mehr Komplexität. Wenn innerhalb eines obstbaulichen Agroforstsystems beispielsweise verschiedene Apfelunterlagen mit unterschiedlichen Wuchsstärken zum Einsatz kommen, wird auch das Management der Apfelbäume komplexer, da diese sich unter anderem in ihrem Wuchs und den Anforderungen an den Obstschnitt unterscheiden.

 

Experimentaufbau und Durchführung

Das Trockenstress-Experiment wird im Laufe des Jahres im Tropenhaus der Hochschule Rhein-Waal durchgeführt. Die Palette reicht von starkwüchsigen (Bittenfelder, Antonowka) über mittelstarkwüchsige (MM111, D2212) bis zu schwachwüchsigen (M9, G214) Unterlagensorten. Insgesamt wurden 264 einjährige Unterlagen gepflanzt, die zur Hälfte in Standardtöpfen und zur anderen Hälfte in Air-Pots wachsen, um die Effekte des sogenannten Air-Prunings auf die Wurzelentwicklung und Trockentoleranz zu untersuchen. In den Air-Pots treffen Wurzeln auf Löcher am Topfrand, während sie in Standardtöpfen oft kreisförmig am Rand entlang wachsen, was das Wurzelwachstum beeinträchtigt. Durch den Luftkontakt in Air-Pots verzweigen sich die Wurzeln feiner, was die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen verbessert.

Ab Anfang Juni wird die Bewässerung der Hälfte der Äpfel um mehr als 50 % reduziert, um den Trockenstress einzuleiten. Dieser Schritt ist notwendig, um Daten zu verschiedenen Trockenstress-Indikatoren zu erheben. Im Winter 2024/25 wird das Experiment in einen Feldversuch überführt, bei dem nach der Winterveredelung verschiedene Kombinationen aus Unterlage und Ertragssorte untersucht werden.

 

 

Herausforderungen und Unterstützung

Die Versuchsdurchführung im Tropenhaus der Hochschule Rhein-Waal ermöglicht die Kontrolle verschiedener Versuchsbedingungen, allen voran die Wasserversorgung der Pflanzen. Wie erwartet sind nicht alle Unterlagen initial gut angewurzelt, ein Puffer an zusätzlichen Pflanzen wurde allerdings eingeplant.

In Sachen Pflanzenschutz wird auf biologische Schädlingsbekämpfung gesetzt. Zur Vorbeugung und Bekämpfung von Blattläusen kommen Nützlinge zum Einsatz. Dem Pilzbefall wird durch Schwefel vorgebeugt. Während die Bewässerung aktuell noch manuell erfolgt und Daten zur Bewässerungsmenge erhoben werden, wird nach der Trockenstressphase in der zweiten Jahreshälfte eine Tröpfchenbewässerung installiert.

Vor, während und nach dem Trockenstress werden Daten zum Wachstum der Unterlagen sowie zum Chlorophyllgehalt und zur Photosyntheseleistung der Blätter erhoben. Anhand von Blattproben wird der Gehalt verschiedener Trockenstressindikatoren bestimmt, darunter Prolin (Aminosäure) und Abscisinsäure (Pflanzenhormon).

Das Experiment wird von vielen Seiten unterstützt. Doris Winkels, Gärtnerbautechnikerin im Tropenhaus, unterstützt mit ihrem langjährigen gärtnerischen Know-How. Zhyldyz Oskonbaeva, wissenschaftliche Mitarbeiterin, unterstützt bei der Untersuchung des Trockenstress-Indikators Prolin im Labor. Ein Teil der Analysen wird durch Kooperationen mit der Uni Rostock und Uni Hohenheim ermöglicht. Ohne das Engagement der studentischen Hilfskräfte wäre die Durchführung des Experiments nicht möglich.

 

Perspektiven und Partnerschaften

Trotz der Limitationen durch den im Vergleich zu einem Baumleben kurzen Versuchszeitraum des Gewächshausexperiments sind die Forschenden optimistisch. Langfristig soll die Untersuchung der Unterlagen auf dem Feld weitergeführt werden, um deren mittel- bis langfristige Entwicklung zu erforschen.

Jürgen Opschroef vom LiKK e.V. ist gespannt auf die Ergebnisse der schwachwüchsigen Exemplare und erwartet wertvolle Erkenntnisse sowohl für kleinere Obstgärten als auch für den Intensivobstbau. Ein großes Interesse besteht auch an den starkwüchsigen Unterlagen für Streuobstwiesen und Hochstämme. Im Punkto Unterlagen ist auch die Betrachtung von vitalen Uraltobstbäumen auf suboptimalen Standorten spannend. Die auch als Methusalembäume bekannten alten Obstbäume trotzen den widrigen Bedingungen seit Jahrzehnten und haben mehrere Dürrejahre überstanden. Diese könnten Hinweise auf besonders widerstandsfähige Sorten liefern, die für zukünftige Pflanzungen von großem Nutzen sein könnten.

Die Forschung zur Trockentoleranz und Vielfalt von Apfelunterlagen ist ein wichtiger Baustein, um den Apfelanbau langfristig klimaresilienter aufzustellen.

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