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Agroforst für Gänse – Der Gänsepeter aus Rommerskirchen

Unser Projekt TransRegINT hat zum Ziel den Niederrhein nachhaltiger zu gestalten. Nun hat unser Team vom Agroforst Reallabor die Fühler bis in Rheinland gestreckt, genauer bis nach Rommerskirchen. In der Gemeinde, die zum Rhein-Kreis Neuss gehört, lebt Peter Eßer, besser bekannt als „Der Gänsepeter“, mit seiner Familie, einigen tausend Gänsen und anderem Federvieh.

Gans viel Eier, Braten, Daunen

Unter den Regionalbezug „Gillbach“, dem Namen des kleinen Flüsschens, das durch Rommerskirchen-Ramrath fließt, vermarktet der Gänsepeter Gänseeier, Geflügel und Geflügelprodukte, und Daunendecken.  Seine Produkte verkauft er nicht nur im eigenen Hofladen, sondern in verschiedenen Hofläden in der Region sowie bei lokalen Händler*innen. Für seine Gänseeier bietet er einen deutschlandweiten Versand, denn Gänseeier sind eine regionale, auf den Niederrhein und das Rheinland begrenzte, Kulinarik. Allerdings für Allergiker eine beliebte Alternative zum Hühnerei. Die hier gesammelten Erfahrungen lässt er derzeit in die Planung eines Onlineshops einfließen.

Eingriffs-Ausgleichs-Regelung

Für den Ausbau seiner Stallungen und den Bau einer neuen Halle, die Büroräume, Schlachterei und Wurstküche beherbergt, musste Peter Eßer für Ausgleichsmaßnahmen sorgen. Denn wird in die Natur und Landschaft eingegriffen, wie hier geschehen, verpflichtet das Bundesnaturschutzgesetz den Landwirt zu einer gleichwertigen Aufwertung.

Damit hat er im Jahr 2022 begonnen: Das Dach des Legegänsestalls wurde begrünt, eine kleine Streuobstwiese angelegt und auf einer weiteren Fläche Haselnussbäume gepflanzt. Er fand Gefallen an den Umsetzungen und begann, sich intensiver mit Gehölzen zu beschäftigen. Dann las er einen Bericht über unser Agroforst Reallabor, war sofort „super interessiert“, wie er sich erinnert und suchte den Kontakt. Seine Vorstellung: noch mehr Gehölze für seine Flächen in Form von Agroforststreifen, aber wissenschaftlich begleitet durch unser Projekt. Am 2. August unterzeichnete er im Rahmen einer Betriebsbesichtigung den Kooperationsvertrag mit Dr. Ana Kreter und Jannis Menne vom Team Agroforst Reallabor.

Bäume für die nächsten Generationen

Neben diversen Nussbäumen hat Peter Eßer Obstbäume gepflanzt. Manche Sorten sind eher Spielerei, erzählt er. Steinobst wie Aprikosen, Pfirsiche, Pflaumen, Mirabellen und Reineclauden habe er für den Eigenverbrauch gepflanzt. Andere Obstsorten möchte er in Zukunft verarbeiten und verkaufen. „Eigentlich pflanze ich für meine Enkelkinder“, lacht er. „Denn bis die Bäume einen wirtschaftlichen Ertrag bringen, werden einige Jahre ins Land ziehen.“ Er experimentiert viel mit verschiedenen Sorten, steht im engen Austausch mit der Biologischen Station im Rhein-Kreis Neuss e.V. und stellt fest: „Ich wollte Regionalität, alte Sorten, aber durch den Klimawandel funktionieren viele Sorten nicht mehr. Die Obstbäume sind einerseits ein Hobby von mir, aber als ökonomisch wirtschaftender Betrieb benötige ich zugleich ertragreiche Obstsorten.“

Erster Agroforst

Die Gehölze auf dem Hof sieht er unter anderem in einem ästhetischen Aspekt, allerdings hat er die Bäume nicht nur auf Grünstreifen entlang der Gebäude gepflanzt, um die Hoffläche aufzuwerten, sondern teilweise auf Grünlandflächen der Gänse. Und damit den ersten Schritt in Richtung eines Agroforsts gegangen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Ein Agroforstsystem ist die Kombination von Gehölzen mit Ackerkulturen und/oder Tierhaltung auf einer Fläche. Beim Gänsepeter sieht es so aus: Auf einer Wiese, die als Auslauffläche für die Legegänsegruppen dient, hat er Walnussbäume gepflanzt.

„Die Bäume haben einen ganz praktischen Nutzen: Sie werden in einigen Jahren als Schattenspender dienen“, erklärt Peter Eßer. Auf einer anderen Wiese hat er Haselnusssträucher gepflanzt. Hier sollen Hühner und ab Herbst Enten die Grünfläche pflegen und Schädlinge fernhalten.

Kooperation mit TransRegINT

In der Kooperation mit unserem Agroforst Reallabor geht es um die Schaffung eines Agroforstsystems auf mehreren größeren Flächen: Fünf Hektar Grünland für Mastgänse sollen mit Bäumen bepflanzt werden. Peter Eßer möchte mit den Bäumen eine Struktur schaffen, die die Gänse anregen soll, sich auf der Fläche auszubreiten. Damit könne vermieden werden, dass sich die Nährstoffe, also der Gänsekot, nicht nur punktuell verteilt, sondern großflächig gestreut wird.

Eine kleine Herausforderung für den Landwirt, denn Gänse fressen gerne die Rinde von jungen Bäumen an. Dafür müsse ein etwa ein Meter hoher Draht, auch Kotgrubengitter genannt, um die Bäume angebracht werden. Und trotzdem, „Gänse sind neugierig und findig, wir haben hier schon so einiges erlebt“, lacht der Gänsepeter.

Für die Umsetzung schweben Peter Eßer viele unterschiedliche Ideen vor, ebenso bieten die großen Flächen eine Vielzahl von Möglichkeiten. Das Fachwissen vom Agroforst Reallabor soll nun in die Planung mit einfließen. Fest steht: Die Gänse sollen profitieren. Neben dem schon erwähnten Schattenwurf, ist ein weiterer Vorteil von Agroforstsystemen der Windschutz. Gänse mögen keinen Ostwind. Es wird sogar gesagt, dass der Ostwind die Legeleistung nachteilig beeinflusst. Hecken hingegen sind keine Option: Die Gefahr ist zu groß, dass Füchse ihren Bau in der Nähe von Hecken graben oder sich Marder einrichten.

Auch wenn das Wohl der Tiere im Vordergrund steht, wäre ein wirtschaftlicher Nutzen der Agroforststreifen von Vorteil. Auch hier gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Obst- und Nussbäume sind mittlerweile reichlich vorhanden. Eine Überlegung ist der Anbau von Pappeln als Energieholz.

Auch Öffentlichkeitsarbeit ist dem Gänsepeter ein Anliegen. Er möchte Bewusstsein schaffen für die Notwendigkeit von Gehölzen in der Landschaftsgestaltung und in der Landwirtschaft. Und dann ist da noch die Frage der Planungssicherheit: Zum einen soll die Nutzungsart Landwirtschaft erhalten bleiben. Eine andere Frage, die ihn bewegt: Was passiert, wenn die nächste Generation einen ‚Schwenk vollzieht und die Bäume nicht mehr für die Bewirtschaftung benötigt werden? Dürften sie die Bäume wieder entfernen?

Jannis Menne, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Agroforst Reallabor, freut sich nun auf die Zusammenarbeit:

„Der Gänsepeter ist ein echter Geflügelprofi, der sich nicht nur mit Gänsen bestens auskennt, sondern auch mit Enten, Hühnern und Puten. Daher ist es für mich und das Team sehr interessant mit ihm einen Standort für Geflügel zu haben und zeigen zu können, wie Agroforst und Geflügel miteinander funktionieren.“

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