Nachbarschaftsmobilität: Teilen statt Haben
97.329 Personenkraftwagen (Pkw) wurden in Deutschland im Juni 2024 neu zugelassen, schreibt das Kraftfahrtbundesamt aktuell. Und es sind steigende Zahlen: Im privaten Bereich wurden 9,5 Prozent mehr Pkw zugelassen als im Vorjahresmonat. Gleichzeitig parken auf den Straßen immer mehr Fahrzeuge, die kaum genutzt werden, beobachtet Philip Weykamp. Und damit belegen sie Raum, der auch anders genutzt werden könnte, meint der junge Familienvater, den das Thema „Mobilität“ bereits sein ganzes Berufsleben begleitet.
Eine den Bedürfnissen angepasste Mobilität
Mit seiner Idee der Nachbarschaftsmobilität möchte Philip Weykamp eine häufigere Nutzung von Fahrzeugen erreichen und langfristig die Anzahl von Fahrzeugen auf der Straße reduzieren. Seine Beobachtung: Viele Fahrzeuge werden kaum genutzt. Seine Idee: Ein gemeinsamer Fahrzeugpool für Hausgemeinschaften, die aus fünf bis zehn Einfamilienhäusern oder ein bis zwei Mehrfamilienhäusern bestehen. Der Fahrzeugpool? Wird nach Bedarf zusammengestellt: zum Beispiel aus einem Auto, fünf E-Bikes, einem Lastenrad und fünf E-Scootern. Darüber hinaus sollen alle Teilnehmenden ein DeutschlandTicket erhalten und für den Notfall ein Ruftaxi bereitgestellt werden. „Nicht jedem steht jede Form der Mobilität zur Verfügung“, sinniert er. „Die Nachbarschaftsmobilität hingegen kann für jeden Anlass die passende Mobilitätsform bereitstellen.“
Start mit Pilotprojekt
Starten möchte er mit interessierten Nachbarschaften in einem Pilotprojekt. Hier sollen die zwei bis drei angedachten Pilotgruppen noch kleiner sein: Gesucht sind jeweils drei bis vier Einfamilienhäuser oder auch ein Mehrfamilienhaus. Im Moment sieht sich Philip Weykamp nach Menschen um, die ruhig kritisch sein dürfen, gleichzeitig aber auch offen genug, sich auf das Experiment einzulassen. Und die Teilnehmenden sollten sich untereinander kennen, da dies den Austausch erleichtern wird. Später könne dieser Kreis erweitert werden. Hier hofft er insbesondere auf das Finale der Klever Birne 2024 als Motivationsschub für Noch-Zweifelnde, sich zu beteiligen.
„Die Mindestlaufzeit sind zwei Monate, idealerweise sollte der Pilot ein Jahr laufen, über alle Jahreszeiten hinweg, um genug Daten zu sammeln“, beschreibt Philip Weykamp sein Vorgehen. Während des gesamten Zeitraums werde genau erfasst, welche Bewegungen stattfinden und welche Probleme auftreten. So erwartet er unter anderem andere Nutzerbedürfnisse im Sommer als im Winter: „Im Sommer benötigt manche Familie ein Auto mit Anhängerkupplung und entsprechender Zugkraft für den Sommerurlaub mit Wohnwagen. Im Winter hingegen, bei Nässe und Kälte verzichtet wahrscheinlich so mancher auf Fahrten mit dem E-Bike.“
Es kommt nicht nur auf die Technik an
„Mir ist bewusst, dass es sich bei dem Thema Mobilität um eine extrem individuelle Freiheit handelt“, weist Philip Weykamp auf einen nicht zu unterschätzenden Faktor hin. Die Nutzer*innen sollen mit einfachen technischen Hilfsmitteln, wie zum Beispiel einem Onlinekalender, die Fahrzeuge untereinander aufteilen können. „Aber Koordination und Absprache werden sicherlich gerade am Anfang eine große Herausforderung“, sagt er nachdenklich. „Die Menschen müssen ins Gespräch kommen und Wege gemeinsam planen und umsetzen. Zum Beispiel die Fahrt zur Arbeit in die gleiche Richtung, der Supermarktbesuch, Fahrten zum Kindergarten und Ähnliches.“
Gedanklich schon einen Schritt weiter
Philip Weykamp ist überzeugt von seiner Idee: „Neben der effizienten Nutzung von Fahrzeugen und einer nachhaltigen Verkehrsgestaltung, können die Teilnehmenden ihre Mobilitätskosten senken und in ihre Gesundheit einzahlen. Denn durch Alternativen wie das E-Bike wird die Bewegung gefördert.“
Er hat bereits die Gründung eines Unternehmens im Hinterkopf, in das die hier gewonnen Erfahrungen fließen sollen. Dessen Aufgabe wäre die Bereitstellung von Fahrzeugen bzw. die Nutzungsorganisation nachbarschaftseigener, bereits vorhandener Fahrzeuge. Die in der Pilotphase gesammelten Daten sollen dabei unterstützen, um zukünftig den idealen Fuhrpark für individuelle Nachbarschaften aufzubauen.
Nun steht aber erst einmal das Vorstellen seiner Idee beim Finale der Klever Birne 2024 an. Über die Verwendung des Preisgelds hat er sich früh Gedanken gemacht: „Das Preisgeld dient der Versicherung der (Privat-)Fahrzeuge, der Nutzung für Öffentlichkeitsarbeit (Webseite, Presse, etc.) und der Gründung des Unternehmens.“
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