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Forschungskooperation am Monreberg

Mit der Pflanzung, ein erster Schritt in Richtung Etablierung eines Agroforstsystems, wandelt die Esskastanie geografisch und historisch auf den Spuren der Römer. Denn die Römer errichteten am Niederrhein, von ihnen Niedergermanien genannt, Militärlager, Siedlungen, Straßen und den Grenzwall Limes. Ganz in der Nähe unserer Esskastanienpflanzung befand sich das Reiterlager Burginatium. Es wird vermutet, dass die Römer die Esskastanie aus dem Mittelmeerraum nach Deutschland mitbrachten.

Pflanzung als Klimabaum

Die Castanea sativa, so der botanische Name, fühlt sich in den wärmeren und milden Regionen Deutschlands wohl. Es wird erwartet, dass die Esskastanie zukünftig im Rahmen des Klimawandels eine größere Rolle spielen wird, denn das lichtbedürftige Gehölz – in Spanien, Südfrankreich und Italien deutlich verbreiteter – kommt mit Hitze und Trockenheit besser zurecht als manch bei uns schon länger beheimatete Baum.

Die Esskastanie verfügt über viele positive Eigenschaften:

  • Hoher Nährwert für den Menschen:
    Esskastanien, die botanisch zu den Nüssen zählen, enthalten viel Stärke, B-Vitamine, Vitamin C und Mineralstoffe. Von ihrer Energiedichte sind sie vergleichbar mit Mais oder Kartoffeln. Allerdings stellen Esskastanienbäumen neben Kalorien zusätzlich einige Leistungen für die Umwelt und Landwirtschaft bereit.
  • Fördert Biodiversität:
    Die Blüten bieten im Sommer Nahrung für Insekten wie Bienen, Schwebfliegen und Käfer, sodass der Baum eine wichtige Funktion als Pollen- und Nektarspender hat. Ihre Früchte, die Esskastanien – auch Maronen genannt, sind ab Herbst eine wichtige Futterquelle für Säugetiere und Vögel. Zusätzlich gewährt die Borke älterer Bäume mit ihren länglichen Rissen Schutz für Insekten.
  • Fördert Bodenaufbau
    Das Laub der Esskastanie ist gut zersetzbar und wird schnell abgebaut. Damit trägt es zum Aufbau nährstoffreichen Humus und einer verbesserten Wasserhaltefähigkeit des Bodens bei.
  • Verschönert die Landschaft
    Die Esskastanie ist bekannt für ihre leuchtende Herbstfärbung. Aber auch die Blütenstände, die sich ab Juni zeigen, begeistern Naturliebhaber*innen mit ihren langen gelben Kätzchen und den weiß-grünen Blüten. Zusätzlich verströmen sie einen angenehmen Duft.

Pflanzung für Forschung

Anna-Lea Ortmann, Doktorandin in unserem Team Agroforst Reallabor, betreut die Kooperation mit Jürgen Janssen, auf dessen Ackerflächen die Esskastanien gepflanzt wurden. Die Zusammenarbeit mit Jürgen Janssen ist Bestandteil ihrer Forschungsarbeit, deren Gegenstand unter anderem das Erproben von Obst und Nüssen für hiesige Agroforstsysteme ist. Die Pflanzung der Esskastanien umfasst mehrere Aspekte. Da wäre zum einen das Sortenexperiment: Auf dem Acker wurden fünf Sämlinge aus einer Kreuzung von Dorée de Lyon x Marsol sowie 5 Bäume der Kultursorte Dorée de Lyon gepflanzt.

„Die Esskastaniensorte Dorée de Lyon gilt als anpassungsfähig und die bisherigen Erfahrungen in Deutschland weisen darauf hin, dass ihre Früchte auch hierzulande noch gut ausreifen können“, erläutert Anna-Lea die Auswahl. „Zudem gelten ihre Esskastanien als gut lagerfähig.“

Das Setzen von sowohl Sämlingen und der reinen Kultursorten hat natürlich auch einen Grund: Während ein Sämling aus einem Samen gezogen wird, wird bei der Kultursorte ein kleiner Baum als Wurzelstock verwendet, Fachleute sprechen von der Unterlage, auf der ein junger Ast, auch Reiser genannt, von einem Sortenbaum aufveredelt wird. Bei ersterem sprechen Fachleute von „generativ vermehrten Sämlingen“, letzteres wird „vegetativ veredelte Sorte“ genannt.

Im folgenden Pflanzenleben sind dann weitere Unterschiede zwischen Sämling und Kultursorte bei der Esskastanie zu erwarten. Die Kultursorte bildet im Gegensatz zu den Sämlingen keine so große Krone und ist im Wuchs insgesamt verhaltener. Am Monreberg wurden Kultursorte und Sämling mit einem Abstand von 8,50 m im Wechsel gepflanzt, um einen direkten Vergleich zu ermöglichen.

Die Löcher wurden ziemlich genau 70 cm tief gebohrt und gegraben. Grund hierfür: Die Wühlmaus, die auch vor den Wurzeln der Esskastanie nicht haltmacht, ist bis ungefähr 50 cm Bodentiefe aktiv. Daher wurden um die Setzlinge selbstgefertigte verzinkte Drahtkörbe mit 13 mm Maschenweite in der Tiefe von 70 cm gesetzt.

Beim Graben der Löcher war der Erdaufbau auch für Fachfremde gut zu sehen und zu verstehen. Nach einer relativ kurzen Erdschicht begann bereits der sandige Boden, denn der Monreberg liegt auf dem niederrheinischen Höhenzug, einer Endmoräne aus der vorletzten Eiszeit, der Saale-Kaltzeit.

Was einerseits ein Vorteil ist, da die Esskastanie an Standorten mit stau- und grundwasserbeeinflussten Böden schlechter gedeiht, ist auch ein Nachteil. Wasser versickert schnell im sandigen Boden. Zwar gilt die Esskastanie als relativ trockenheitstolerant, insbesondere junge Bäume mit noch schwachem Wurzelsystem sind aber per se anfällig in Dürrezeiten. Bei anhaltender Trockenheit im Sommer wird eine Bewässerung der Bäume in den ersten Jahren notwendig sein. Auch darüber hinaus ist eine gute Wasserversorgung für die Fruchtentwicklung und den letztlichen Ertrag bedeutsam. Auch dies wird Bestandteil der Forschung von Anna-Lea sein.

Zusätzlich wurde an einer anderen Stelle als Solitärpflanze die Kultursorte Bouche Rouge gepflanzt. „Eine spannende Sorte, mit der wir an anderer Stelle in NRW positive Erfahrungen gemacht haben“, wie Anna-Lea berichtet. An ihrem Pflanzort hat sie genug Platz, um zu einem ausladenden Großbaum heranzuwachsen. Für die Bestäubung stehen in Reichweite alte Esskastanien.

Pflanzung für Flora und Fauna

Jürgen Janssen, der Kooperationspartner unseres Agroforst Reallabors, ist promovierter Agraringeneur, aber nicht in dem Beruf tätig. Die Ackerflächen hat er verpachtet. Nichtsdestoweniger suchte er frühzeitig nach Start unseres Agroforst Reallabors den Kontakt. „Ich möchte die Landschaft mitgestalten und die Resilienz mit Blick auf den Klimawandel stärken. Schon als Kind hat mich die Offenheit der Ackerflächen hier oben gestört“, erinnert er sich. Agroforstsysteme sieht er als eine Chance für den Bodenschutz, als Beitrag zur Stabilisierung von Erträgen sowie für die Biodiversität.

Rund um das Gehöft und in den Waldflächen stehen viele alte Esskastanienbäume. Es war naheliegend, auf der nun bepflanzten Fläche weitere Esskastanien zu setzen. Jürgen Janssen möchte die Frucht ernten und nach Möglichkeit in einigen Jahren vermarkten. Bis die Ernte ein Vermarktungspotenzial bietet, hat er mit seiner Familie selbst Verwendung für die Früchte.

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